Urlaub vom 04.08. - 29.08.2025

Akutversorgung in der allgemeinmedizinischen Praxis

Die allgemeinmedizinische Praxis ist oft die erste Anlaufstelle für Patienten mit akuten Beschwerden. Von plötzlich auftretenden Infektionen über Verletzungen bis hin zu Verschlimmerungen chronischer Erkrankungen – Hausärzte sind darauf vorbereitet, ein breites Spektrum von Notfällen zu bewältigen. Die Akutversorgung in der Allgemeinmedizin erfordert nicht nur fundiertes medizinisches Wissen, sondern auch die Fähigkeit, schnell zu handeln und Prioritäten zu setzen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Akutversorgung in der hausärztlichen Praxis und zeigt auf, wie Allgemeinmediziner diese herausfordernde Aufgabe meistern.

Ersteinschätzung und Triage

Die erste und vielleicht wichtigste Aufgabe in der Akutversorgung ist die schnelle und akkurate Einschätzung des Patientenzustands. Diese initiale Beurteilung, oft als Triage bezeichnet, hilft dem Praxisteam, die Dringlichkeit der Behandlung zu bestimmen und die verfügbaren Ressourcen effizient einzusetzen.

Das ABCDE-Schema

Ein bewährtes Instrument für die Ersteinschätzung ist das ABCDE-Schema:

  • A (Airway): Atemwege frei?
  • B (Breathing): Atmung ausreichend?
  • C (Circulation): Kreislauf stabil?
  • D (Disability): Neurologischer Status?
  • E (Exposure): Äußere Faktoren/Umgebung?

Dieses systematische Vorgehen ermöglicht es dem Arzt, lebensbedrohliche Zustände schnell zu erkennen und entsprechend zu handeln. Gleichzeitig hilft es, weniger dringende Fälle zu identifizieren, die sicher warten können.

Die Anwendung des ABCDE-Schemas erfordert Übung und Erfahrung. Hausärzte und ihr Praxisteam trainieren regelmäßig den Umgang mit Akutsituationen, um im Ernstfall routiniert und effizient handeln zu können. Dabei ist es wichtig, dass alle Mitarbeiter der Praxis mit dem Schema vertraut sind und ihre spezifische Rolle in Notfallsituationen kennen.

Häufige Akutsituationen und ihre Versorgung

Allgemeinmedizinische Praxen sind mit einer Vielzahl von Akutsituationen konfrontiert. Zu den häufigsten gehören akute Infektionen, Verletzungen, akute Verschlechterungen chronischer Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Probleme und akute Schmerzzustände. Die Versorgung dieser Fälle erfordert ein breites Wissen und die Fähigkeit, schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Management von Infektionen

Akute Infektionen machen einen Großteil der Akutfälle in der Allgemeinmedizin aus. Die Versorgung umfasst typischerweise eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung, gezielte Diagnostik, symptomatische Therapie und bei Bedarf die Verordnung von Antibiotika unter Berücksichtigung aktueller Leitlinien. Besonders wichtig ist auch die Patientenaufklärung über den Krankheitsverlauf und notwendige Verhaltensmaßnahmen.

In Zeiten von Pandemien, wie der COVID-19-Krise, müssen Hausärzte zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen treffen. Dazu gehören spezielle Hygienemaßnahmen, die Einrichtung von Infektionssprechstunden und die Nutzung von Telemedizin, um Infektionsrisiken zu minimieren.

Versorgung von Verletzungen

Die Behandlung von Verletzungen in der Hausarztpraxis reicht von der Wundversorgung bis zur Erstbehandlung von Frakturen. Dazu gehören die Reinigung und Desinfektion von Wunden, der Wundverschluss durch verschiedene Techniken, die Tetanus-Prophylaxe bei Bedarf, die initiale Versorgung von Verbrennungen und das Anlegen von Verbänden und Schienen.

Hausärzte müssen auch in der Lage sein, schnell zu entscheiden, ob eine Verletzung in der Praxis behandelt werden kann oder ob eine Überweisung zum Spezialisten oder ins Krankenhaus notwendig ist. Diese Entscheidung basiert auf der Art und Schwere der Verletzung, den verfügbaren Ressourcen in der Praxis und dem Gesamtzustand des Patienten.

Notfallausrüstung und -medikamente

Eine gut ausgestattete Hausarztpraxis verfügt über die notwendige Ausrüstung und Medikamente, um Akutsituationen effektiv zu bewältigen. Zur Grundausstattung gehören ein Notfallkoffer mit Medikamenten für lebensbedrohliche Situationen, Sauerstoff und Beatmungsbeutel, ein Defibrillator, Infusionslösungen und -besteck, Wundversorgungsmaterial sowie verschiedene Diagnosegeräte.

Die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung dieser Ausrüstung sind entscheidend für eine effektive Akutversorgung. Hausärzte und ihr Team sollten mit allen Geräten und Medikamenten vertraut sein und deren Anwendung regelmäßig üben. Auch die Dokumentation von Verfallsdaten und die rechtzeitige Nachbestellung von Verbrauchsmaterialien sind wichtige Aspekte des Notfallmanagements in der Praxis.

Vernetzung und Zusammenarbeit

In der Akutversorgung ist die Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen und Diensten von großer Bedeutung. Hausärzte müssen eng mit Rettungsdiensten, Krankenhäusern und Fachärzten kooperieren, um eine optimale Patientenversorgung zu gewährleisten. Dies beinhaltet eine klare Kommunikation bei Überweisungen und Einweisungen, einen schnellen Informationsaustausch über Patientenzustände und Behandlungen sowie die Koordination der Nachsorge nach Krankenhausaufenthalten.

Eine gut funktionierende Vernetzung ermöglicht eine nahtlose Versorgung vom Akutfall bis zur langfristigen Behandlung. Hausärzte spielen dabei oft die Rolle des Koordinators, der den Überblick über die gesamte Behandlung behält und sicherstellt, dass alle relevanten Informationen zwischen den verschiedenen Behandlern ausgetauscht werden.

Die Akutversorgung in der allgemeinmedizinischen Praxis ist eine anspruchsvolle, aber essenzielle Aufgabe. Sie erfordert nicht nur umfassendes medizinisches Wissen und praktische Fertigkeiten, sondern auch die Fähigkeit, unter Druck ruhig und effizient zu arbeiten. Durch kontinuierliche Fortbildung, gute Vorbereitung und effektive Teamarbeit können Hausärzte eine hochwertige Akutversorgung leisten und damit einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung erbringen.