Infektanfälligkeit abklären lassen

Ständige Erkältungen, wiederkehrende Blasenentzündungen oder Wunden, die nur schlecht heilen – wenn das Immunsystem nicht richtig funktioniert, beeinträchtigt das die Lebensqualität erheblich. Eine erhöhte Infektanfälligkeit kann verschiedene Ursachen haben und sollte nicht als unvermeidliches Schicksal hingenommen werden. Die gute Nachricht: Mit einer gründlichen Abklärung lassen sich die Ursachen meist identifizieren und gezielt behandeln.

Viele Menschen leben jahrelang mit wiederkehrenden Infekten, ohne zu wissen, dass dahinter behandelbare Ursachen stecken können. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass eine erhöhte Infektanfälligkeit immer ein Signal des Körpers ist, das ernst genommen werden sollte. Eine frühzeitige und umfassende Diagnostik kann nicht nur die aktuellen Beschwerden lindern, sondern auch langfristige Komplikationen verhindern. Oft sind es ganz konkrete Faktoren, die das Immunsystem schwächen und die sich mit der richtigen Herangehensweise erfolgreich behandeln lassen.

Was versteht man unter erhöhter Infektanfälligkeit?

Von einer erhöhten Infektanfälligkeit sprechen Mediziner, wenn bestimmte Grenzen überschritten werden. Diese Schwellenwerte helfen dabei, normale Schwankungen der Immunabwehr von echten Problemen zu unterscheiden. Wichtig ist dabei nicht nur die Häufigkeit, sondern auch der Schweregrad und Verlauf der Infekte.

Bei Erwachsenen gilt als Richtwert: mehr als sechs Atemwegsinfekte pro Jahr oder Infekte, die ungewöhnlich schwer verlaufen und lange anhalten. Bei Kindern sind die Werte anders, da ihr Immunsystem noch in der Entwicklung ist und sie naturgemäß häufiger erkranken.

Typische Warnzeichen sind:

  • Wiederkehrende Erkältungen, die länger als zehn Tage dauern
  • Häufige Hals- oder Nebenhöhlenentzündungen (mehr als vier pro Jahr)
  • Chronische Bronchitis oder immer wiederkehrende Harnwegsinfekte
  • Kleine Verletzungen, die sehr langsam heilen oder sich häufig entzünden
  • Infekte, die trotz angemessener Behandlung nicht richtig ausheilen

Besonders aufmerksam sollten Sie werden, wenn sich gewohnte Infekte plötzlich anders verhalten – etwa wenn eine normalerweise harmlose Erkältung zu einer Lungenentzündung wird oder wenn bewährte Behandlungen plötzlich nicht mehr wirken.

Mögliche Ursachen einer geschwächten Immunabwehr

Die Ursachen für eine geschwächte Immunabwehr sind vielfältig und reichen von angeborenen Defekten bis hin zu erworbenen Schwächen. Eine systematische Aufarbeitung hilft dabei, die individuellen Auslöser zu identifizieren. Häufig spielen mehrere Faktoren zusammen, was die Diagnose anspruchsvoller macht, aber auch mehr Behandlungsoptionen eröffnet.

Angeborene Immundefekte

Angeborene Immundefekte sind seltener als oft vermutet, werden aber häufig erst im Erwachsenenalter erkannt. Dabei fehlen bestimmte Abwehrzellen oder Antikörper von Geburt an. Ein typisches Beispiel ist der Antikörpermangel, bei dem der Körper nicht genügend schützende Immunglobuline bildet. Auch Defekte der zellulären Immunabwehr kommen vor, bei denen bestimmte Abwehrzellen nicht richtig funktionieren.

Erworbene Immunschwächen

Häufiger sind erworbene Immunschwächen, die durch verschiedene Faktoren entstehen können. Dazu gehören chronische Erkrankungen wie Diabetes, Niereninsuffizienz, Lebererkrankungen oder Autoimmunerkrankungen. Auch bestimmte Medikamente, insbesondere Immunsuppressiva, Chemotherapeutika oder langfristige Cortisoneinnahme, können die Immunabwehr erheblich schwächen. Krebserkrankungen und deren Behandlung gehören ebenfalls zu den wichtigen Ursachen erworbener Immundefekte.

Lifestyle-Faktoren und Umwelteinflüsse

Chronischer Stress, Schlafmangel, unausgewogene Ernährung und übermäßiger Alkoholkonsum belasten das Immunsystem erheblich. Rauchen schädigt die natürlichen Barrieren der Atemwege und macht anfälliger für Infekte. Auch extreme körperliche Belastung, wie sie bei Leistungssportlern vorkommt, kann vorübergehend die Immunabwehr schwächen. Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung, berufliche Schadstoffbelastung oder auch soziale Isolation spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.

Die ärztliche Abklärung: Schritt für Schritt

Eine systematische Abklärung der Infektanfälligkeit erfolgt in mehreren aufeinander aufbauenden Stufen. Dabei wird vom Einfachen zum Komplexen vorgegangen, um unnötige Untersuchungen zu vermeiden. Der strukturierte Ansatz ermöglicht es, auch seltene Ursachen zu erfassen und individuelle Behandlungskonzepte zu entwickeln.

Ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung

Am Beginn steht immer ein ausführliches Gespräch über Ihre Krankengeschichte und die aktuellen Beschwerden. Der Arzt erkundigt sich nach der Häufigkeit und Art der Infekte, nach familiären Vorerkrankungen und nach Ihrer aktuellen Lebenssituation. Dabei werden auch scheinbar unverfängliche Details wie Ernährungsgewohnheiten, Schlafqualität oder berufliche Belastungen erfasst.

Bei der körperlichen Untersuchung werden besonders die Lymphknoten, Mandeln und andere lymphatische Organe untersucht. Auch die Haut wird begutachtet, da sie wichtige Hinweise auf Immundefekte geben kann. Auffälligkeiten wie wiederkehrende Hautinfektionen oder schlechte Wundheilung werden dokumentiert.

Laboruntersuchungen

Das Blutbild gibt erste wichtige Hinweise auf mögliche Störungen des Immunsystems. Besonders wichtig sind dabei die Anzahl und Verteilung der verschiedenen weißen Blutkörperchen sowie die Immunglobulin-Spiegel (IgG, IgA, IgM). Entzündungsparameter wie CRP und Blutsenkung zeigen akute oder chronische Entzündungsprozesse an.

Auch die Bestimmung von Vitaminen und Spurenelementen ist wichtig, insbesondere Vitamin D, Zink und Selen, da deren Mangel die Immunfunktion erheblich beeinträchtigen kann. Bei Verdacht auf Autoimmunerkrankungen werden spezielle Antikörper bestimmt.

Weiterführende Spezialdiagnostik

Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen notwendig werden. Dazu gehören spezielle Funktionstests der Immunzellen oder die Bestimmung der Impftiter, um zu prüfen, ob der Körper nach Impfungen ausreichend Antikörper bildet.

Behandlungsmöglichkeiten und Prävention

Die Behandlung richtet sich immer nach der zugrunde liegenden Ursache und wird individuell angepasst. Moderne Therapiekonzepte verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der nicht nur die Symptome behandelt, sondern die Ursachen angeht.

Bei nachgewiesenem Antikörpermangel können Immunglobuline von außen zugeführt werden. Liegen Nährstoffmängel vor, werden diese gezielt ausgeglichen. Bei manchen Patienten kann eine vorbeugende Antibiotikatherapie sinnvoll sein, um schwere Komplikationen zu verhindern.

Allgemeine Maßnahmen zur Immunstärkung umfassen:

  • Ausgewogene, vitaminreiche Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse
  • Regelmäßige körperliche Aktivität ohne Überbelastung
  • Ausreichend Schlaf (7-8 Stunden pro Nacht) und regelmäßige Schlafzeiten
  • Effektiver Stressabbau durch Entspannungstechniken oder Meditation
  • Verzicht auf Nikotin und Reduktion des Alkoholkonsums
  • Vollständiger und aktueller Impfschutz

Eine erhöhte Infektanfälligkeit ist kein unvermeidliches Schicksal. Mit der richtigen Diagnostik und Behandlung lässt sich die Lebensqualität in den meisten Fällen deutlich verbessern. Zögern Sie nicht, bei wiederkehrenden Infekten professionelle Hilfe zu suchen – eine frühzeitige Abklärung kann langfristig viel Leid ersparen.