Ulcusbehandlung

Als Ulcus bezeichnet man in der Medizin ein tiefes Geschwür oder einen Substanzdefekt in der Haut oder Schleimhaut, der bis in tiefere Gewebeschichten reicht. Solche Geschwüre können an verschiedenen Körperstellen auftreten – von der Magenschleimhaut (Ulcus ventriculi) über den Zwölffingerdarm (Ulcus duodeni) bis hin zu chronischen Wunden an den Beinen (Ulcus cruris). Die Behandlung eines Ulcus richtet sich nach der Ursache, Lokalisation und Schwere der Erkrankung. Sie erfordert meist einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl die Grunderkrankung als auch die lokale Wundversorgung berücksichtigt. Eine frühzeitige, fachgerechte Behandlung ist entscheidend, um Komplikationen wie Blutungen, Durchbrüche oder chronische Verläufe zu vermeiden. Durch moderne Therapieverfahren und ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen haben sich die Heilungschancen für viele Ulcusformen in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert.

Ursachen und Arten von Ulcera

Ulcera können verschiedene Ursachen haben und an unterschiedlichen Körperstellen auftreten, was jeweils spezifische Behandlungsansätze erfordert.

Gastrointestinale Ulcera

Geschwüre im Magen-Darm-Trakt gehören zu den häufigsten Formen und entstehen durch ein Ungleichgewicht zwischen aggressiven und schützenden Faktoren der Schleimhaut:

  • Helicobacter-pylori-Infektion – verantwortlich für etwa 70–80 % aller Magengeschwüre und 90 % der Zwölffingerdarmgeschwüre
  • Regelmäßige Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac
  • Übermäßige Magensäureproduktion, beispielsweise beim Zollinger-Ellison-Syndrom
  • Stress, Rauchen, Alkoholkonsum und genetische Faktoren als begünstigende Einflüsse

Die typischen Symptome umfassen brennende oder nagende Oberbauchschmerzen, die oft zwischen den Mahlzeiten oder nachts auftreten, Völlegefühl, Übelkeit und in schweren Fällen Bluterbrechen oder Teerstuhl bei Blutungen.

Ulcus cruris (Unterschenkelgeschwür)

Das Unterschenkelgeschwür ist eine chronische Wunde am Unterschenkel, die verschiedene Ursachen haben kann:

  1. Venöses Ulcus (etwa 70–80 % der Fälle) – entsteht durch chronische Venenschwäche und erhöhten Venendruck
  2. Arterielles Ulcus (etwa 10–15 %) – Folge von Durchblutungsstörungen bei arterieller Verschlusskrankheit
  3. Gemischtes arterio-venöses Ulcus – Kombination beider Faktoren
  4. Seltenere Formen durch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, rheumatische Erkrankungen oder Infektionen

Charakteristisch für das venöse Ulcus ist die Lokalisation am inneren Knöchel, während arterielle Geschwüre häufiger an den Zehen oder am Fußrücken auftreten. Die Schmerzen sind beim arteriellen Ulcus typischerweise stärker und nehmen bei Hochlagerung zu, während sie beim venösen Ulcus durch Hochlagerung gelindert werden.

Druckgeschwüre (Dekubitus)

Druckgeschwüre entstehen durch anhaltenden Druck auf das Gewebe, der die Durchblutung beeinträchtigt:

  • Besonders gefährdet sind bettlägerige oder rollstuhlpflichtige Patienten
  • Prädilektionsstellen sind Steißbein, Fersen, Hinterkopf, Schulterblätter und Hüftknochen
  • Risikofaktoren umfassen Immobilität, Inkontinenz, Mangelernährung und Sensibilitätsstörungen
  • Die Einteilung erfolgt in vier Grade, von Hautrötung bis zur Beteiligung von Knochen und Gelenken

Je früher Druckgeschwüre erkannt und behandelt werden, desto besser sind die Heilungschancen und desto geringer die Komplikationsrate.

Diagnostik und Untersuchung

Eine gründliche Diagnostik ist die Grundlage jeder erfolgreichen Ulcusbehandlung und umfasst verschiedene Verfahren.

Klinische Untersuchung

Die Basisdiagnostik beginnt mit einer sorgfältigen Anamnese und körperlichen Untersuchung:

  • Erhebung der Krankengeschichte, einschließlich Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme
  • Beurteilung von Größe, Tiefe, Lokalisierung und Erscheinungsbild des Ulcus
  • Untersuchung des umliegenden Gewebes auf Rötung, Schwellung oder andere Entzündungszeichen
  • Prüfung der Durchblutung, besonders bei Verdacht auf ein vaskuläres Ulcus
  • Beurteilung von Schmerz, Exsudat und Geruch der Wunde

Weiterführende Diagnostik

Je nach Verdachtsdiagnose und Lokalisation werden verschiedene zusätzliche Untersuchungen durchgeführt:

  • Bei Magengeschwüren: Gastroskopie mit Biopsieentnahme zum Nachweis von Helicobacter pylori
  • Bei Unterschenkelgeschwüren: Doppler- und Duplexsonographie zur Beurteilung der Gefäßsituation
  • Laboruntersuchungen zum Ausschluss von Stoffwechselerkrankungen, Infektionen oder Autoimmunerkrankungen
  • Wundabstriche zur mikrobiologischen Untersuchung bei Verdacht auf Infektion
  • Bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT zum Ausschluss von Knochenbefall oder tiefen Abszessen

Therapieansätze

Die Behandlung von Ulcera folgt einem multimodalen Konzept, das sowohl die Grunderkrankung als auch die lokale Wundversorgung berücksichtigt.

Kausale Therapie

Die Behandlung der Grunderkrankung ist entscheidend für den langfristigen Erfolg:

  • Bei Helicobacter-pylori-assoziiertem Ulcus: Eradikationstherapie mit Kombinationen aus Protonenpumpenhemmern und Antibiotika
  • Bei NSAR-induzierten Geschwüren: Absetzen oder Reduktion der auslösenden Medikamente
  • Bei venösem Ulcus cruris: Kompressionstherapie zur Verbesserung des venösen Rückflusses
  • Bei arteriellem Ulcus: Verbesserung der Durchblutung durch Gefäßchirurgie, PTA oder medikamentöse Therapie
  • Bei Dekubitus: Druckentlastung durch spezielle Lagerung, Matratzen und regelmäßige Positionswechsel

Lokale Wundbehandlung

Die moderne Wundversorgung folgt dem Prinzip der feuchten Wundheilung und wird an die jeweilige Wundphase angepasst:

  1. Reinigungsphase: Débridement (mechanisch, enzymatisch oder chirurgisch) zur Entfernung von Belägen und abgestorbenem Gewebe
  2. Granulationsphase: Förderung der Gewebeneubildung durch feuchtes Wundmilieu
  3. Epithelisierungsphase: Unterstützung der Hautregeneration

Dabei kommen verschiedene Wundauflagen zum Einsatz, wie Alginate, Hydrokolloide, Schaumstoffe, Hydrogele oder spezielle antimikrobielle Verbände, je nach Exsudatmenge, Wundtiefe und Infektionsstatus.

Adjuvante Maßnahmen

Ergänzend zur kausalen und lokalen Therapie können weitere Maßnahmen den Heilungsprozess unterstützen:

  • Vakuumtherapie (Negative Pressure Wound Therapy) zur Förderung der Durchblutung und Wundreinigung
  • Hyperbare Sauerstofftherapie, besonders bei ischämischen Wunden
  • Biologische Wundauflagen oder Hauttransplantationen bei großen Defekten
  • Schmerztherapie zur Verbesserung der Lebensqualität
  • Ernährungsoptimierung mit ausreichender Protein-, Vitamin- und Spurenelementzufuhr

Eine ganzheitliche Versorgung, die sowohl medizinische als auch psychosoziale Aspekte berücksichtigt, verbessert nicht nur die Wundheilung, sondern auch die Lebensqualität der Betroffenen. Durch frühzeitige und konsequente Behandlung können Komplikationen vermieden und Heilungschancen maximiert werden. Besonders wichtig ist dabei die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen und die aktive Einbindung der Patienten in den Therapieprozess.