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Histiozytose

Die Histiozytose ist eine Gruppe seltener Erkrankungen, die durch eine abnormale Vermehrung und Ansammlung von Histiozyten – speziellen Zellen des Immunsystems – in verschiedenen Geweben und Organen des Körpers gekennzeichnet ist. Diese Zellen, die normalerweise eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern spielen, vermehren sich bei der Histiozytose unkontrolliert und können zu Entzündungen, Gewebeschäden und Funktionsstörungen der betroffenen Organe führen. Die Erkrankung kann in unterschiedlichen Formen auftreten, verschiedene Organe betreffen und sowohl Kinder als auch Erwachsene betreffen. Die Ausprägung kann von mild und selbstlimitierend bis hin zu schwerwiegend und lebensbedrohlich reichen. Aufgrund ihrer Seltenheit und der vielfältigen Erscheinungsbilder wird die Histiozytose oft erst spät erkannt, was eine frühzeitige und gezielte Behandlung erschwert.

Formen der Histiozytose

Die Histiozytose umfasst verschiedene Erkrankungsformen, die nach ihrer Ursache, den betroffenen Zelltypen und dem klinischen Verlauf unterschieden werden.

Langerhans-Zell-Histiozytose (LCH)

Die Langerhans-Zell-Histiozytose ist die häufigste Form und betrifft überwiegend Kinder, kann aber in jedem Lebensalter auftreten. Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer abnormen Ansammlung von Langerhans-Zellen, einer speziellen Art von Histiozyten, die normalerweise in der Haut und den Schleimhäuten vorkommen.

Die LCH kann ein einzelnes Organ betreffen (monosystemische Form) oder mehrere Organsysteme gleichzeitig (multisystemische Form). Häufig betroffene Bereiche sind:

  • Knochen, wo sie zu schmerzhaften Läsionen führen kann
  • Haut, mit Ausschlägen und Geschwüren
  • Lymphknoten, die sich vergrößern können
  • Leber und Milz, was zu Vergrößerungen und Funktionsstörungen führen kann
  • Lunge, mit möglichen Atemproblemen
  • Zentrales Nervensystem, was neurologische Symptome verursachen kann

Die Prognose der LCH hängt stark von der Ausbreitung der Erkrankung und dem Befall lebenswichtiger Organe ab. Während isolierte Knochenläsionen oft eine gute Prognose haben, kann die multisystemische Form mit Beteiligung von Risikoorganen wie Leber oder Knochenmark einen schwereren Verlauf nehmen.

Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH)

Die hämophagozytische Lymphohistiozytose ist eine schwerwiegende Form der Histiozytose, die durch eine übermäßige Aktivierung des Immunsystems gekennzeichnet ist. Dabei kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung von Makrophagen und Lymphozyten, die gesunde Blutzellen zerstören (Hämophagie) und zu einer überschießenden Entzündungsreaktion führen.

Die HLH kann als primäre (genetisch bedingte) oder sekundäre Form auftreten. Die sekundäre HLH entwickelt sich häufig als Reaktion auf Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder Krebserkrankungen. Ohne rechtzeitige Behandlung kann die HLH rasch fortschreiten und lebensbedrohlich werden.

Weitere Histiozytose-Formen

Neben den beiden Hauptformen gibt es weitere, seltenere Varianten der Histiozytose:

  • Die Rosai-Dorfman-Krankheit (auch bekannt als Sinushistiozytose mit massiver Lymphadenopathie) ist durch eine schmerzlose Vergrößerung der Lymphknoten, insbesondere im Halsbereich, gekennzeichnet.
  • Das Erdheim-Chester-Syndrom ist eine seltene Form, die hauptsächlich Erwachsene betrifft und oft zu Knochenläsionen und Befall innerer Organe führt.
  • Die juvenile Xanthogranulomatose manifestiert sich typischerweise durch gelbliche Knötchen auf der Haut, kann aber auch innere Organe betreffen.

Symptome und Diagnose

Die Symptome der Histiozytose sind sehr vielfältig und hängen stark von der betroffenen Form und den involvierten Organen ab.

Klinische Anzeichen

Aufgrund der Vielfalt der möglichen Erscheinungsformen kann sich die Histiozytose mit zahlreichen unterschiedlichen Symptomen präsentieren:

  • Bei Knochenbefall kommt es häufig zu Schmerzen, Schwellungen oder pathologischen Frakturen. Besonders der Schädel, die Wirbelsäule und die langen Röhrenknochen sind oft betroffen.
  • Hautmanifestationen können als schuppende, rötliche Ausschläge auftreten, die Ekzemen ähneln, speziell in der Kopfhaut, hinter den Ohren und in Hautfalten.
  • Bei Befall der Lunge können Husten, Atemnot oder wiederkehrende Pneumonien auftreten, die langfristig zu einer Lungenfibrose führen können.
  • Beteiligung des zentralen Nervensystems kann sich durch Kopfschmerzen, Sehstörungen, Koordinationsprobleme oder sogar Diabetes insipidus (vermehrtes Durstgefühl und häufiges Wasserlassen) äußern.
  • Bei der HLH stehen oft Fieber, Erschöpfung, Vergrößerung von Leber und Milz sowie Blutbildveränderungen im Vordergrund.

Diagnostische Verfahren

Die Diagnose der Histiozytose erfordert meist eine Kombination verschiedener Untersuchungen:

  • Bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT, um betroffene Organe und Knochenläsionen zu identifizieren
  • Blutuntersuchungen zur Beurteilung der Organfunktionen und des Blutbildes
  • Gewebeentnahme (Biopsie) mit histologischer und immunhistochemischer Untersuchung für eine definitive Diagnose
  • Spezielle Tests zum Nachweis genetischer Veränderungen, besonders bei Verdacht auf familiäre Formen

Die endgültige Diagnose basiert auf dem Nachweis charakteristischer histiozytärer Zellen im Gewebe und deren spezifischen Oberflächenmarkern.

Behandlungsansätze und Prognose

Die Behandlung der Histiozytose richtet sich nach der spezifischen Form, dem Ausmaß des Organbefalls und dem individuellen Krankheitsverlauf.

Therapieoptionen

Das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten umfasst:

  • Bei lokalisierter LCH mit einzelnen Knochenläsionen kann eine beobachtende Haltung oder eine lokale Therapie wie Kürettage oder Bestrahlung ausreichend sein.
  • Bei ausgedehnteren Formen kommt häufig eine systemische Chemotherapie mit Vinblastin, Prednison oder anderen Medikamenten zum Einsatz.
  • Die HLH erfordert in der Regel eine aggressive Kombinationstherapie mit Immunsuppressiva und Chemotherapeutika nach spezifischen Protokollen.
  • Bei schweren oder therapieresistenten Fällen kann eine Stammzelltransplantation erwogen werden, besonders bei den genetischen Formen der HLH.
  • Neue zielgerichtete Therapien, die auf spezifische Mutationen oder Signalwege abzielen, werden zunehmend erforscht und eingesetzt, insbesondere bei rezidivierenden oder therapieresistenten Fällen.

Langzeitverlauf und Nachsorge

Der Verlauf der Histiozytose ist sehr variabel:

  • Einige Patienten mit lokalisierten Formen erleben eine spontane Rückbildung oder sprechen gut auf eine minimale Therapie an.
  • Bei multisystemischen Formen mit Beteiligung von Risikoorganen ist eine intensive Behandlung und engmaschige Nachsorge erforderlich.
  • Langzeitfolgen können auch nach erfolgreicher Behandlung auftreten und erfordern eine kontinuierliche Überwachung. Dazu gehören hormonelle Störungen, Wachstumsprobleme, Lungenfibrose oder neurodegenerative Veränderungen.
  • Die Prognose hat sich in den letzten Jahrzehnten durch verbesserte Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert, bleibt aber abhängig von der spezifischen Form und dem Ausmaß der Erkrankung.